Wir können alles im Leben haben, wenn wir definieren, was alles für uns ist.
Wofür stehst du? Und was darfst du loslassen?
Unsere Energiereserven sind limitiert
Als Kinderzahnärztin setze ich mich jeden Tag mit den Folgen von kindlicher Karies auseinander. Ganz ehrlich? Ich möchte alles daran setzen, dass meinem Sohn dies erspart bleibt.
Deshalb bekommt er keinen Saft und keine Quetschies, auch wenn er dann weint, meine Nerven dadurch dünner werden und ich abends dafür meinen Mann anschnauze, weil er zehn Minuten später von der Arbeit kommt als er es angekündigt hat.
Weil es mir wichtig ist, habe ich beschlossen, meine limitierten Energiereserven dafür einzusetzen. In meinen Aufklärungsgesprächen mit Eltern versuche ich ihnen zu verdeutlichen, warum es auch für ihre Kinder wichtig ist. Aber weißt du was?
Mir ist durchaus bewusst, dass Zahngesundheit vermutlich nicht jeden so brennend interessiert wie mich. Warum auch? Jeder lebt in seinem Welt-Wahrnehmungssausschnitt und hat seine eigenen Herausforderungen und Bedürfnisse, denen wir unsere Aufmerksamkeit schenken möchten.
Kennst du deine Werte?
Ich kenne deine Bedürfnisse nicht. Ich weiß nicht, was es dir wert ist, Widerstände zu überwinden und deine Energiereserven zu opfern. Die Frage ist, weißt du es?
Seine eigenen Werte zu kennen, erfordert auch den Mut, sich mit dem auseinanderzusetzen, was einem nicht so wichtig ist.
Wenn mich jemand frägt, ob ich es wichtig finde, dass sich meine Familie gesund ernährt, dass wir einen nachhaltigen Lebensstil führen, dass wir weltoffen sind, dass wir uns um unsre Mitmenschen kümmern, unsere Beziehungen zu Familie und Freunden pflegen, dass wir künstlerisch und musikalisch interessiert sind und jeder die Freiheit hat, seiner Leidenschaft nachzugehen würde ich theoretisch in jedem Punkt zustimmen.
Wie nur soll ich meine täglichen zwanzig Minuten, die mir abends bleiben, wenn der Zwerg endlich schläft, am effektivsten zur Planung all dieser Prioritäten nutzen?
Und schlimmer noch, warum scheint es so, als hätten alle anderen es herausgefunden, ohne mir Bescheid zu sagen?
Die Wahrheit über zufriedene Menschen
Das Geheimnis vieler Menschen, die in sich ruhend wirken ist, dass sie nicht alles haben, nicht alles tun müssen oder alles sein wollen - und sich dessen bewusst sind. Vielleicht haben ihnen ihre Boomer-Eltern das auch nicht in Aussicht gestellt. Wenn du so aufgewachsen bist wie ich, waren natürliche Limitationen nicht Teil der Tagesordnung.
Eher, wie wir lernen können, sie zu überwinden.
Spoiler-Alert: Du kannst leider nicht alles haben.
Außer du definierst, was alles für dich ist, und auf was du dafür verzichten musst.
Wie lerne ich meine Werte kennen?
Unsere Werte setzen sich zusammen aus unserer Erziehung (eigentlich der Lebenserfahrungen unserer Eltern), unserem Welt-Wahrnehmungsausschnitt (wenn ich täglich Karies sehe, bekommt sie für mich mehr Bedeutung als für dich) und indem wir ganz genau hinschauen, was uns mit Lebensfreude erfüllt (für mich z.B. Ordnung zuhause und Pastellfarben, für meinen Mann komische Gebäude aus Beton?).
Egal, wie klein und unbedeutend dir deine eignen Neigungen vorkommen (Hallo Pastellfarben), versuche dich frei von deinen eigenen Bewertungen und Vergleichen zu machen. Du bist du. Du beschließt, was Raum in deinem Leben haben darfst. Du beschließt, dich dafür nicht zu schämen (Hallo Pastellfarben!). Du bist traurig, dass du dein Gemüse nicht selbst anbaust, aber dafür hast du zehn Minuten Zeit für deine Lieblingsserie. Du hast wieder mehr Energie übrig für Babybedürfnisse, die nicht ohne dich auskommen.
Für manche bist du alles und manches ist für dich alles. Du darfst bestimmen, was bleibt und was gehen darf. Du machst das wunderbar.
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